Kiesgrube Winkl

Hügelland zwischen Moosthenning und Pilsting

Im November 2009 erwarb die Kreisgruppe ein weiteres wertvolles Trittsteinbiotop im tertiären Hügelland bei Großköllnbach. Der Kauf der Kiesgrube Winkl durch den Landesbund für Vogelschutz wurde gefördert durch Zuwendungen des Freistaats Bayern zur Förderung von Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Die 5,3 ha große Grundstücksfläche umfasst die ehemalige Kiesgrube Winkl und einen Teil der Umgriffflächen. Der Kauf und die folgenden Pflegemaßnahmen werden im Rahmen des europäischen und bayerischen Biodiversitätsprojektes „Artenschutzkonzept Amphibien“ durchgeführt und sollen die Bestände hochgradig bedrohter Amphibien im Landkreis schützen und erhalten helfen. Weiter sollen auch andere Tierarten wie Zauneidechse, Neuntöter und viele andere Vogelarten der Feldflur davon profitieren.

Seither werden jährlich Optimierungsmaßnahmen, größtenteils durch den Landschaftspflegeverband Dingolfing Landau unter Anleitung unserer Amphibienexperten durchgeführt. Unsere kleine Kreisgruppe könnte die Arbeit alleine nicht stemmen, ohne die Hilfe des Landschaftspflegeverbandes.

Hier gilt unser Dank den Mitarbeitern des Landschaftspflegeverbandes, vertreten durch den Geschäftsführer Herrn Dr. Jochen Späth!

 

Nicht zu vergessen, sind die vielen freiwilligen Helfer, die spontan kommen, wenn ein Arbeitseinsatz nötig ist.

Danke für eure Hilfe!

Durch diese gute Zusammenarbeit konnten jährlich neue Arten beobachtet werden.

 

Wir könnten dringend auch deine Unterstützung brauchen!

Willst auch du mithelfen, melde dich bei uns oder werde Mitglied beim LBV!

 

Limousin-Rinder in der Kiesgrube (Foto: B. Pellkofer)

Beweidung

Seit 2015 wird die Kiesgrube mit Rindern der Rasse Limousin beweidet. Die Bio-Landwirtsfamilie Maier aus Unterdaching in der Gemeinde Pilsting stellt hier ein paar ihrer Tiere zur Verfügung und kümmert sich darum, dass alles passt. Anfangs waren die Rinder nur Mittel zum Zweck, da die Hänge und sonstigen steilen Flächen mit Maschinen größtenteils nicht bearbeitet werden konnten. Die Rinder kommen überall hin!

Heute können wir vermutlich behaupten die Beweidung ist für unsere Zwecke ein Erfolgsmodel.

Gehölzschnitt ist aber trotzdem von Zeit zu Zeit nötig, da sonst die Bäume und Sträucher zu viel Schatten machen würden. Sehr interessant ist hier, wenn die Sträucher wieder austreiben. Diese werden dann zurück-gebissen, was aus den Sträuchern so kleine kompakte Büsche macht. Dadurch wirkt die Fläche fast wie die Macchia im Mittelmeerraum. Diese sehr dichten Sträucher bieten vielen verschiedenen Tieren Versteckplätze und niedrig brütenden Vögel finden darin sehr interessante Nistplätze.

Die Rinder stellen eine weitere, bei weitem unterschätzte Nahrungsquelle her:

Kuhfladen!

Rinderdung bildet die Lebensgrundlage für eine große Anzahl an Insekten, nicht nur Fliegen, sondern auch richtig dicke Brummer, wie zum Beispiel dem Mistkäfer.

Wusstet ihr, dass ein einziges Rind pro Monat rund 1 Tonne Dung produziert, der wiederum 100 Kilogramm Insekten ergeben kann, aus denen wiederum 10 Kilogramm Wirbeltierbiomasse (z.B. Vögel, Fledermäuse oder Amphibien) entstehen können?

Diese und viele weitere Informationen rund um Beweidung findet ihr unter http://weidelandschaften.org/

Ein großes Problem stellen jedoch Anti-Parasitenmittel dar, die Rindern vor allem zur Entwurmung verabreicht werden müssen. Damit diese Mittel den ganzen Verdauungstrakt wirksam behandeln können, dementsprechend dauerhaft wirkend sein. Die Entwurmung ist eine Vorschrift, die der Landwirt zu beachten hat. Die ausgeschiedenen Wirkstoffe sind jedoch noch immer tödlich für alle Insekten die von dem Kuhdung leben. Diese Problematik umgehen wir, indem die Rinder im Winterhalbjahr entwurmt werden, wenn sie nicht auf der Weide sind.

 

Amphibien

Zielart seit Anfang an ist die Kreuzkröte, da es  von dieser Art im Landkreis Dingolfing Landau nur noch 2 gute Fundorte gibt. Sie liebt offene, vegetationsarme Flächen, die sich stark erwärmen. Deshalb wird die eigentliche ehemalige Kiesgrube sehr stark beweidet, um viele offene Bodenstellen entstehen zu lassen.

Die potentiellen Laichgewässer werden jedoch bis zum Landgang der Kaulquappen ausgezäunt, um den Kreuzkrötennachwuchs vor den Rindern zu schützen, die sonst  gerne in den Gewässern herumlaufen würden. 

Der Erste, der von den Amphibientümpeln vor Ort profitiert hat, war der wunderschöne Laubfrosch. Wegen seiner kurzen Generationenfolge, aber auch wegen seiner Vorliebe für sonnige warme Lebensräume und Laichgewässer, hat er sich sehr gut vermehrt.

Weitere Arten sind Erdkröten und Teichmolche, die sich gerne im Dauergewässer der Kiesgrube aufhalten.

Wechselkröten-Paar(ung)

2021 siedelten sich, erstmals seit der Auflösung des Abbaubetriebes, wieder Wechselkröten an. Der letzte Nachweis einer rufenden Wechselkröte, hier in der Grube, war bestimmt schon 25 Jahre her.

Praktisch überpünktlich zu dem Jahr, an dem die Wechselkröte zum Lurch des Jahres gekürt werden sollte.

Auch sie liebt vegetationsarme und warme Gewässer, aber im Gegensatz zu der Kreuzkröte mag sie gerne auch etwas größere Gewässer. Sie besiedelte sofort den, durch den Landschaftspflegeverband neu angelegten Folienteich, der ablassbar ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

Es ist erstaunlich, wie schnell neue Wasserflächen auch wieder zuwachsen, sofort kamen Rohrkolben und andere Gräser, welche binnen weniger Jahre die ganze Fläche zuwachsen würden und es somit für unsere wichtigen Amphibienarten, unbrauchbar machen. Wir haben vorausgeplant und bei der Anlage des Folienteiches bereits berücksichtigt, dass später darin die Rinder rumlaufen. Die Folie ist mit einem Vlies geschützt, auf dem zusätzlich noch 30-40 cm des Aushubmaterials aufgebracht wurden.

Die Rinder erledigen dann jährlich den Rest. Am Ende des Sommers nach dem Landgang der Kaulquappen, wird der schützende Zaun abgebaut und die Rinder fressen die Vegetation und zertrampeln was noch übrig ist. Nun schaut es wieder aus wie neu, die nächste Saison kann beginnen.

Reptilien

 Ringelnattern auf der Jagd nach erwachsenen Amphibien und auch sehr erfolgreich nach Kaulquappen (Foto: B. Pellkofer)

Wo so viele Amphibien leben, sind auch Ringelnattern nicht weit. Bei sonnigem Wetter aber auch nachts, kann man sie oft bei der Jagd beobachten. Wenn`s mal nicht so sonnig ist, findet man junge Ringelnattern regelmäßig auch in den Vertiefungen der Rinder-Huftritte. Dort sind sie vor Wind geschützt und  werden nicht so leicht von Beutegreifern entdeckt.

Zauneidechsen lieben die ehemalige Kiesgrube. Die sandigen Hänge sind die Kinderstube, Insektennahrung ist schon wegen der Kuhfladen, genug vorhanden.

Sehr versteckt leben die Blindschleichen, die kann man höchstens mal unter einem der Schlangenbleche finden. Trockenmauern und Steinhaufen sind ihr liebster Unterschlupf, zusätzlich haben wir viele Asthaufen angelegt, welche von den Gehölzpflegemaßnahmen anfallen. Es wird nichts weggefahren, alles bleibt in der Fläche und bietet zusätzlich einen strukturreichen Lebensraum. All diese Strukturen würden auf maschinengepflegten Flächen viele Umstände bereiten, die Rinder stört das nicht.

 

Vögel

Neuntöter Männchen am Zaun entlang des Weges (Foto: Michael Herzig)

Der Neuntöter liebt diese halboffene Weidelandschaft. Zusätzlich sind die vielen Dornensträucher und Brombeeren sehr vorteilhaft für ihn. Die letzten Jahre brütete er auch in einem kleinen einzeln stehenden Brombeergebüsch.

Wendehals an der Nisthilfe (Foto: M. Herzig)

Der Wendehals, eine Rarität, brütet seit ein paar Jahren bei uns in der Grube. Einer unserer engagierten Vorstandsmitglieder hat in der Kiesgrube verschiedenen Nistkästen aufgehängt und prompt wurde einer der Kästen vom Wendehals angenommen. Der Wendehals ist ein Meister des Versteckens und verhält sich meist sehr unauffällig. Er kann auf der kurzen Vegetation einfach nach Nahrung suchen und das Gelände gut nach Feinden überblicken. Ameisen sind seine Lieblingsspeise. Ameisenhaufen können sich auf Weideflächen frei entwickeln und werden von keinen Mähgeräten zerstört, zusätzlich findet er das eine oder andere Insekt in den Kuhfladen.

Stieglitz (Foto: Michael Herzig)

Der Stieglitz liebt Disteln, darum heißt er auch Distelfink. Disteln sind sehr wehrhafte Pflanzen, weshalb sie oft nicht gefressen werden. Die Samenstände bieten den Distelfinken im Winter eine willkommene Nahrungsquelle. Nachgemäht wird in der Kiesgrube übrigens nicht, die deutsche Gründlichkeit muss draußen bleiben. Die dürren Pflanzenstängel sind nämlich auch eine wichtige Kinderstube für besondere Wildbienenarten.

Säugetiere

Fledermäuse

Bei den nächtlichen Amphibienbegehungen können immer mehrere Fledermäuse in der Kiesgrube beobachtet werden. Unserem Fledermausspezialisten ist schon länger aufgefallen, dass Weideflächen sehr interessant sind für Fledermäuse. Wir haben dann in der Kiesgrube einen Batlogger aufgestellt. Dieses Gerät dient der Aufzeichnung von Fledermausrufen und es wurde vom Bund Naturschutz gekauft.

Hier wird deutlich, wie wichtig die Zusammenarbeit unter den Naturschutzverbänden ist. Meistens steht das Gerät für mehrere Tage an einer Stelle und zeichnet die Fledermausaktivitäten auf. Hier in der Grube war die Speicherkarte nach wenigen Tagen voll. 2700 Aufnahmen von Fledermausrufen in drei Nächten war schon erstaunlich. Vermutlich wirken aber schon mehrere Faktoren zusammen. Im Sommer 2021 hatten wir das erste Mal seit Jahren genug Wasser und wie wir alle Wissen „Wasser ist leben“. Zusätzlich war das Wetter nicht besonders und in der Grube ist es windgeschützt. Dies erklärt höchstwahrscheinlich die extreme Häufung der Fledermäuse.

Insekten

Immer wieder werden auch neue Insektenarten gefunden. Das bisherige Highlight war die Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens), die an den sonnigen, trockenen, vegetationsarmen Hängen lebt.

Eine weitere Heuschreckenart mag es wesentlich feuchter, die Langflüglige Schwertschrecke (Conocephalus fuscus), sie lebt um die, für Amphibien angelegten Kleingewässer. Hier findet man auch die Kleine Pechlibelle, sie ist eine typische „Kiesgrubenlibelle“.

Der kleine Trauer-Rosenkäfer (Oxythyrea funesta) hat sich seit mehreren Jahren etabliert, ihn findet man meist an Blüten, bei der Nahrungssuche. Die Kinderstube ist in den verstreuten sonnigen Totholzhaufen, die Dank der Rinder nicht zuwachsen.

Die Totholzhaufen werden auch von Wildbienen besiedelt. Wie viele Arten hier leben ist ungewiss, da auch sehr viele Arten im Boden ihre Nester bauen. Im Frühjahr sieht man große Flächen, an denen ein Nesteingang neben dem anderen gegraben wird.

Großer Schillerfalter (Foto: M. Herzig)

Als Beispiel für die Schmetterlingswelt in und rund um die Kiesgrube zeigen wir hier den Großen Schillerfalter (Apatura iris). Er saugt auf dem Foto Mineralien aus einer tierischen Hinterlassenschaft, was typisch für viele Edelfalter ist.

Hier sehen sie weitere Schmetterlingsarten und Insektenkartierungen, die in der Kiesgrube stattgefunden haben:

Insekten

 

Pflanzen

Auf den Weiden wächst eine typische Vegetation magerer trockener Wiesen, mit Wiesensalbei, Margeriten, Oregano und verschiedenen Schmetterlingsblütern (z.B. verschiedenen Kleearten).

Hier ist in der Artenvielfalt aber noch Luft nach oben.

Ein paar Besonderheiten gibt`s aber schon. Die schönste dürfte die Gemeine Pechnelke (Silene viscaria) sein. Die anfangs noch wenigen Pflanzen und deren Standorte haben wir geschützt, indem wir abgeschnittene Weißdorn-Sträucher darüber gezogen haben, damit die empfindlichen Pflanzen von den Rindern nicht verbissen werden. Inzwischen sind es so viele, dass dies unnötig geworden ist.

Eine eher unauffällige Rarität ist die Stachelspitzige Teichbinse (Schoenoplectus mucronatus). In Südeuropa kommt sie in Reisfeldern vor, bei uns lebt sie in den jährlich abgelassenen Tümpeln für die Amphibien, sind ja auch fast wie „Reisfelder“. In Deutschland gilt die Art als vom Aussterben bedroht.

Hier gibt es noch einige ältere Beiträge und Informationen über die Kiesgrube Winkl:

 

 

 

 


2018 Nisthilfen für die Kiesgrube

Um die Artenvielfalt in der Kiesgrube zu erhalten, bzw. zu vergrößern, wurden Nisthilfen gebaut und an ausgewählten Standorten aufgehängt.

Neben kleinen Höhlen und Halbhöhlenkästen, wurde auch eine Wiedehopf-Nisthilfe gebaut und montiert. Durch den Viehbetrieb und die sonnige, hügelige Lage erscheint die Kiesgrube durchaus als Wiedehopf-Biotop geeignet.

2011 Start der Optimierungsmaßnahmen für Amphibien und Reptilien

Alle Fotos von Bernhard Pellkofer