Ihre Ansprechpartner für Hilfe im Landkreis Dingolfing-Landau in Sachen Greifvögel, Eulen und Großvögel:

 

Wenn Sie einen verletzten Großvogel auffinden und bergen können, bringen Sie diesen bitte so schnell wie möglich direkt in die LBV Auffangstation nach Regenstauf: Leiter Ferdinand Baer Tel.: 0171 / 408 7252
Hier können Vögel auch tierärztlich untersucht und versorgt werden.

Wenn es sich um einen Greifvogel oder eine Eule handelt, bitte informieren Sie zusätzlich die Polizei, da diese Vogelarten auch unter das Jagdrecht fallen.

 

Die beiden sichergestellten Mäusebussarde (Foto: Dieter Aichner)
Die beiden sichergestellten Mäusebussarde (Foto: Dieter Aichner)

Eine Broschüre zur Schleiereule finden sie hier:
Schleiereule.pdf
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Ein weiteres Informationsblatt über die illegale Greifvogelverfolgung
Greifvogelverfolgung.pdf
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Greifvogelvergiftung mit Carbofuran bleibt unbestraft

Fot: Dieter Aichner
Fot: Dieter Aichner

Bereits im April fand Dieter Aichner zwei tote Mäusebussarde bei Mettenhausen. Der Fund wurde mit Aktenzeichen der Polizei gemeldet und Anzeige erstattet angezeigt. Die örtliche Presse veröffentlichte einen Zeitungsartikel. Eine Laboruntersuchung ergab als Todesursache bei beiden eine Vergiftung mit Carbofuran. 

Der Mäusebussard ist bei uns ganzjährig eine streng geschütze Vogelart und Carbofuran ist ein verbotenes, auch für den hochgiftiges Pflanzenschutzmittel, dessen Ausbringung strafbar ist.

Wie meistens bei diesen Fällen wurde 3 Monate später, am 31.07.2014, das Verfahren eingestellt.

Am Horst abgeschossener Sperber in Bachhausen, Gemeinde Mamming (Foto Franz Meindl)
Am Horst abgeschossener Sperber in Bachhausen, Gemeinde Mamming (Foto Franz Meindl)

Mit Gift und Schrot gegen Greifvögel

 

In der "Avifaunistik in Bayern", Band 3, Heft 2, Dezember 2006, ist von Dieter Aichner eine Veröffentlichung zur Greifvogelverfolgung erschienen. die Avifaunistik kann bei der Ornithologischen Gesellschaft in Bayern www.og-bayern.de bestellt werden.

Autor: Dieter Aichner, Landau

 

Einleitung

 

Die Eliminierung von Greifvögeln aus der Landschaft ist ein Kapitel, das bereits der Vergangenheit anzugehören schien. Regelrechte Ausrottungskampagnen sind umfangreich dokumentiert und belegt, denn es wurden sogar staatliche Prämien für den Abschuss von Adlern, Habichten usw. ausbezahlt. So wurden zum Beispiel allein zwischen 1935 und 1939 von der deutschen Jägerschaft fast 550.000 Greifvögel als abgeschossen gemeldet. In der alten Bundesrepublik wurden noch für den Zeitraum von 1950 bis 1970 zwischen einer halben und einer Million getötete Greifvögel angegeben. (Kostrzewa & Speer 2001). Viele Greifvogelarten verschwanden gänzlich oder sind an den Rand der Ausrottung gedrängt worden. Doch lassen sich solche Horrorzahlen auch in scheinbar aufgeklärte Zeiten unseres 21. Jahrhunderts übertragen? Zumindest lokal scheint es wieder einen Rückfall in Zeiten hemmungsloser Bejagung zu geben, wie neuere wissenschaftliche Arbeiten belegen(Bezzel u. a. 1997, Lippert u. a. 2000, Rust & Mischler 2001).

Heimische Greifvögel unterliegen gesetzlich dem Jagdrecht. In der Verordnung über die Jagdzeiten vom 2.4.1977 (BGBl. I, S.531) wurde erstmalig bundesweit eine ganzjährige Schonzeit für alle Greifvögel festgesetzt. Gemäß § 10 (2) Nr. 11a) Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) zählen Greifvögel zu den besonders streng geschützten Arten und unterliegen somit auch dem Naturschutzrecht. Sie dürfen nicht geschossen, gefangen oder in anderer Weise verfolgt werden. Seit 1979 sind sie zudem durch die europäische Vogelschutzrichtlinie (VS-RL) geschützt. Die Wiedereinführung einer generellen Jagdzeit auf Greifvögel ist nicht möglich, da Greifvögel nicht im Anhang II der Vogelschutzrichtlinie aufgeführt sind (vgl. Art. 7 VS-RL).

 

Untersuchungsgebiet

 

 Im Wesentlichen beziehen sich die im vorliegenden Bericht aufgeführten Nachweise über illegale Greifvogelverfolgungen auf ein relativ kleines Gebiet, hauptsächlich zwei Jagdreviere sowie punktuelle Streufunde in einer etwa 100 Quadratkilometer großen Untersuchungsfläche südwestlich, südlich und südöstlich von Landau a.d.Isar, Kreis Dingolfing-Landau. Es handelt sich dabei hauptsächlich um einen Agrarlebensraum im tertiären Isar-Inn-Hügelland (350 bis 450 m ü. NN), wobei die Waldanteile bei nur etwa 30 Prozent liegen.

 

Methodik & Ergebnisse  

 

Auf der genannten Untersuchungsfläche werden seit 2002 die Bestände von Habicht und Sperber für die Aktionsgemeinschaft Greifvogel- und Eulenschutz e.V. (AGES) Freising erfasst, was anfangs mit intensiven Waldbegehungen nach periodischen Mustern verbunden war. Das Datenmaterial soll auch für das „Monitoring Greifvögel und Eulen Europas“ aufbereitet werden und geht somit unmittelbar in die wissenschaftliche Dokumentation von Bestands- und Populationsdichteentwicklung ein, was u.a. eine Grundlage für Schutz und Managementmaßnahmen darstellt. Sehr bald zeigte sich jedoch, dass wenn jemand eine Greifvogelkontrollfläche aufbaut, er anscheinend in einen rechtsfreien Raum hineinstößt und mit zum Teilunglaublichen Vorkommnissen zu rechnen hat. Dabei handelt es sich bei den aufgeführten Fällen von Greifvogelverfolgung immerhin umVerstöße gegen jagd- bzw. naturschutzrechtliche Bestimmungen. Dies scheint in manchen Gebieten dennoch gängige Praxis gewesen zu sein bzw. kommt immer noch vor. Dazu einige recherchierte Fallbeispiele:

 

Mitte der 90er Jahre wurde im Jagdrevier Reichersdorf DGF, im sog. Herrnholz, ein Habichtshorst mit zwei Jungvögeln ausgeschossen. Der namentlich bekannte Jäger machte sich nicht einmal die Mühe, die Kadaver zu beseitigen.

Etwa 1996/97 wurden in einem Auwald am Ortsrand von Landau a. d. Isar DGF an einer Stelle drei tote Mäusebussarde gefunden.

Ende der 90er Jahre wurde bei einer Exkursion der Bundes Naturschutz an der Bahnlinie Landau – Wallersdorf, nördlich Frammeringermoos DGF, vier oder fünf tote Mäusebussarde auf einen Haufen zusammengeworfen entdeckt.

Ende der 90er Jahre hatte ein Bürger, der etwas abseits der Ortschaft Reichersdorf wohnt, immer wieder tote Tiere um sein Anwesen gefunden. Darunter waren auch drei Mäusebussarde, die unweit eines Horstes lagen.

Am 25.05.1999 berichtete die „Landauer Neue Presse“ von einem Sperbermännchen, gefunden bei Poxau DGF, bei dem am Institut für Geflügelkrankheiten in Oberschleißheim ein Schrotbeschuss festgestellt wurde.

Etwa 2000/2001 beobachtete ein Naturschutzwächter zwischen Landau und Wallersdorf DGF, wie ein Jäger am helllichten Tage von seinem Geländewagen heraus einen Mäusebussard unter Beschuss nahm.

Im Jahr 2004 wurden südlich von Mamming DGF von einem Landwirt insgesamt drei Mäusebussarde in einem engen Umkreis gefunden. Der Finder machte detaillierte Angaben über Maßnahmen zur Fuchsbekämpfung mit Gift.

 

Bald nach dem Beginn der Kartierungsarbeiten für den Aufbau der Greifvogelkontrollfläche stellten sich zwischen März 2002 und September 2003 plötzlich Funde von Gifteiern ein. Dabei handelt es sich um ein Jagdrelikt, früher hauptsächlich bekannt als sogenannte Phosphoreier. Die nun an sieben Stellen gefundenen Eier sind nach Injizierung eines Giftes mit einem Silikontupfer verschlossen worden. Die Auslegungen zu jeweils zwei oder drei Stück erfolgten sowohl mitten im Wald als auch, was die Regel war, an exponierten Stellen des Waldrandes. Nach Art des Vorgehens bei der Auslegung der Gifteier galt diese Maßnahme wohl insbesondere der Bekämpfung von Rabenvögeln. Jedoch können auch andere Tierarten (Fuchs, Steinmarder, Iltis, aber auch Hunde) direkt sowie aasfressende Greifvögel (Mäusebussard, Rohrweihe, Milane) indirekt betroffen sein. Auffällig dabei war jeweils die Nähe zu einem gut befahrbaren Weg. Bei den Nachforschungen stellte sich zudem heraus, dass jährlich etwa ein Dutzend solcher Gifteier in der Ortschaft Reichersdorf DGF von der Vils angeschwemmt wurden.

Etwa im gleichen Zeitraum, zwischen September 2002 bis März 2004, sorgten wiederholte Vergiftungsfälle bei Hunden im Raum Mettenhausen/Reichersdorf/Wildthurn DGF für Schlagzeilen und Unmut bei der Bevölkerung. Insgesamt gab es dreizehn akute Fälle, wobei es einen Einöd-Schäferhund insgesamt vier Mal traf. Die Symptome waren jeweils Erbrechen, Zittern am ganzen Körper, starker Speichelfluss, Schaum vor dem Maul, völlig apathisches Verhalten, oft lila verfärbtes Zahnfleisch. Für einen Golden Retriever und einen weiteren Schäferhund kam jede tierärztliche Hilfe zu spät und sie verendeten jämmerlich. Die von den Tierärzten festgestellten Substanzen waren E 605 und E 600. Die Hunde sind während des Ausführens in freier Feldlage mit den vergifteten Ködern in Berührung gekommen. Gleiches passierte am 26.12.2004 auch südlich von Ruhstorf DGF, wo zwei Hund mit E 600 vergiftete Rehbeine aufstöberten, aber gerettet werden konnten. Es war somit nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Prädatoren - Greifvögel und Raubsäuger – als eigentliche Zielgruppe der Eliminierungsaktion als Opfer im Gelände auftauchen würden. Frei im Wald liegend, wurden vier Füchse und ein Steinmarder gefunden. In freier Feldlage, weit entfernt von Ortschaften, auch zwei Katzen, die möglicherweise als Luder abgelegt waren. Zu den Vergiftungsfällen gesellten sich auch Funde von toten Greifvögeln, die mit Schrot beschossen waren. Lokale Anhäufungen von Totfunden in einem engen Umkreis können aber ebenso Indizien für dauernde Nachstellungen sein, wenn die Todesursache optisch, z.B. nach Fuchs- oder Marderfraß, nicht mehr eindeutig festgestellt werden kann. Dazu ein Fallbeispiel:

 

03.04.2003 westlich von Hochberg DGF, ein Mäusebussard, von Fuchs oder Marder stark bearbeitet, Todesursache nicht ermittelt.

25.10.2003 westlich von Hochberg DGF, ein Habichtweibchen, Abschuss mit Schrot nach Sezierung (AGES) eindeutig festgestellt.

28.05.2005 westlich von Hochberg DGF, vorjähriger Sperberhorst, vom Waldkauz benutzt, ausgeschossen.

 

Bei der folgenden chronologischen Auflistung der eindeutigen Fälle illegaler Nachstellung mit Gift und Schrot (19 Fälle, 5 Arten) sind auch Funde mit aufgeführt, die außerhalb des Untersuchungsgebietes bekannt und vor Ort überprüft wurden:

 

20.04.2002 nordwestlich von Reichersdorf DGF, ein Mäusebussard, Abschuss mit Schrot unmittelbar am Horst. In meinem ornithologischen Tagebuch hatte ich sogar zwei Tage vorher, für die Zeit nach 19 Uhr, einen Schuss unmittelbar aus Richtung des Horstes notiert. Ich war nur etwa 200 Meter

entfernt, als der Schuss fiel.

15.8.2002 nordwestlich von Reichersdorf DGF, drei Mäusebussarde. Fund durch Spaziergänger. Im Juli und August kreisen, nach dem Flüggewerden der Jungvögel, die Familienverbände der Bussarde oft gemeinsam. Es kommt hier sowohl ein Abschuss als auch eine Vergiftung in Frage.

29.03.2003 südlich von Reichersdorf DGF, zwei Mäusebussarde. Fund durch Spaziergänger, Untersuchung am Institut für Geflügelkrankheiten in Oberschleißheim. Das toxikologische Screening ergab eine Substanz sehr ähnlich, aber nicht identisch, zu Paraoxon (E 600). Einige Tage später meldete der Spaziergänger den Fund eines weiteren toten Mäusebussards.

1.6.2003 östlich von Rohrhof DGF, ein Mäusebussard, Abschuss in einem Waldabschnitt vermutlich von Hochsitz aus.

07.09.2003 östlich von Rohrhof DGF, ein Mäusebussard, Abschuss in einem Waldabschnitt vermutlich von Hochsitz aus.

17.09.2003 westlich von Thambach DGF, ein Mäusebussard, Abschuss vermutlich von einer Kanzel aus. Möglicherweise in der Nähe einer Fasanenfütterung als Luder abgelegt.

27.9.2003 nordwestlich von Reichersdorf DGF, ein Habicht, im Schussfeld einer Kanzel möglicherweise als Luder abgelegt. Zum Kadaver in einer Wiese führten Spuren eines schweren, geländegängigen Fahrzeuges.

25.10.2003 westlich von Hochberg DGF, ein Habicht, Abschuss mit Schrot durch Sezierung (AGES) eindeutig festgestellt.

15.11.2003 nordöstlich von Friedhoföd DGF, ein Mäusebussard, in der Nähe auch tote Taube, möglicherweise Vergiftungsfall. Die verdächtigen Funde wurden durch den Jagdausübenden des angrenzenden Revieres vergraben.

07.04.2004 nördlich von Landau a. d. Isar DGF, ein Mäusebussard neben Luderplatz (Feldhase und Rehkadaver), in der Nähe auch Fasanenfütterung. Untersuchung am Institut für Geflügelkrankheiten in Oberschleißheim, Vergiftung mit Paraoxon (E 600) und Carbofuran.

10.07.2004 östlich von Rohrhof DGF, ein Mäusebussard, Untersuchung am Institut für Geflügelkrankheiten in Oberschleißheim, Vergiftung  mit Promecarb und Diazinon. In unmittelbarer Nähe auch zwei tote Igel, auf denen sogar die Aaskäfer verendeten. Aus wissenschaftlichem Interesse wurden auch die Aaskäfer analysiert, wobei die gleichen Substanzen gefunden wurden.

28.07.2004 südlich von Kirchdorf DEG, eine Rohrweihe, Untersuchung am Institut für Geflügelkrankheiten in Oberschleißheim. Am noch lebenden Vogel wurde ein Beschuss mit Schrot festgestellt. Die Verletzungen am Flügel waren so schwerwiegend, dass der Greifvogel euthanasiert (eingeschläfert) werden musste.

16.12.2004 westlich von Simbach DGF, ein Mäusebussard, Untersuchung am Institut für Geflügelkrankheiten in Oberschleißheim. Am noch lebenden Vogel wurde ein Beschuss mit Schrot festgestellt. Erfolgreiche Auswilderung etwa zwei Monate später durch die AGES.

05.06.2005 östlich von Bachhausen DGF, ein Sperberweibchen, Untersuchung am Institut für Geflügelkrankheiten in Oberschleißheim. Abschuss am Horst mit Schrot.

Reste eines Habichtweibchens mit eindeutigen Spuren eines Schrotbeschusses, Hochberg, Kreis Dingolfing-Landau, 2003 (Foto:Dieter Aichner)
Reste eines Habichtweibchens mit eindeutigen Spuren eines Schrotbeschusses, Hochberg, Kreis Dingolfing-Landau, 2003 (Foto:Dieter Aichner)

Gezielte Vergiftungen

 

Gefundene Gifteier wurden zum Teil vor Ort der Polizeiinspektion Landau a. d. Isar übergeben bzw. direkt zur Untersuchung überstellt. Die Analyse am Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) mittels Gaschromatografie, Massenspektroskopie sowie enzymatischen Methoden ergab eine Kontaminierung mit den Insektiziden Parathion (E 605), Paraoxon (E 600), Carbofuran soowie einer nicht näher identifizierten Substanz mit Hemmwirkung auf die Cholinesterase (toxische Schädigung mit wirkung auf den gesamten Organismus: Herz und Kreislauf, Lungen. Leber, Nieren, zentrales Nervensystem). Den Greifvogelkadavern wurde, falls vorhanden, der noch im Rachenraum steckende Köder entnommen. Weiter wurden vollständige Kadaver, Federmaterial vom Flügel und am Kadaver verendete Käfer dem Screening unterzogen. Neben den bereits genannten Substanzen fanden sich bei einem Mäusebussard mit den genannten Methoden auch Promecarb und Diazinon. Nachfolgend einige angaben zu den analysieten Insektiziden: Es folgt in der Originalfassung eine Aufzählung verschiedener Insktizide.

 

Abschüsse

 

Die Beurteilung von Projektilqualitäten ist nicht immer zweifelsfrei möglich, aber z.B. bei Schrot (Jagdmunition) und Diabolos (Luftgewehr) einfach, wenn diese aus dem Tierkörper entnommen werden können (Grimm & Kösters 1982) Bei einer Konzentrierung von toten Greifvögeln in Schussrichtung eines Hochsitzes erübrigt sich jedoch eine aufwendige Diagnostik, da dies auch mit sehr hohen Kosten verbunden ist. Allein die optische Kontrolle reicht, um die sichtbaren Frakturen an Brustbein, Knochen oder auch Federn zuzuordnen. Zur Beweissicherung empfiehlt sich aber eine röntgenologische Darstellung der Schrote. Vermutlich gibt es bei den Abschüssen eine sehr hohe Dunkelziffer, da ein Großteil der Kadaver von Fuchs oder Marder verzogen bzw. vom Schützen selbst sofort beseitigt wird. Die fortgeschrittene hohe Vegetation in den Sommermonmaten erschwert zudem das auffinden von Schussopfern. Insgesamt ist bei 13 Greifvögeln (fünf Arten) ein eindeutiger Beschuss mit Schrot erwiesen, bei sechs weiteren Greifvögeln, ausnahmslos Mäusebussarden, wird dies für möglich gehalten, da die Kadaver in Horstnähe gefunden wurden. Möglicherweise wurden am 31.7.2005 gegen 12:15 h (drei Schüsse) nördlich von Rottersdorf DGF zwei Habichtjungvögel im Bettelflug abgeschossen. In Schussrichtung eines Erdansitzes wurden entsprechende Spuren gefunden. Nach einem Hinweis aus Jägerkreisen sollen an diesem Horst in den zurückliegenden Jahren immer wieder Habichte geschossen worden sein. Da zudem die Praxis des Ausschießens von Greifvogelhorsten anscheinend eine Renaissance erlebt, wird auch der Waldkauz (mindestens fünf Fälle) Opfer dieser unwaidmännischen Attacke.

 

Illegale Fanganlage (Habichtskorb)

 

Nach Rust & Mischler (2001) gibt es in Südbayern regelrechte „Verfolgungszentren“ gegen den Habicht, hauptsächlich in Regionen mit intensiver Fasanenhege. Indizien für eine illegale Verfolgung ergeben sich regional aus populationsbiologischen Daten durch langjährige Monitoring-Untersuchungen auf Probeflächen (Lippert u. a. 2000, Wilhelm Holzer (AGES), 9.3.2006, schriftl. Mitt.). Durch die geringe Größe sind dabei die modernen Habichtskörbe sehr mobil, kurzfristig überall einsetzbar und somit kaum zu entdecken. Der Habicht gehört zu den am stärksten verfolgten Greifvogelarten in Europa (Bauer & Berthold 1996). So haben Mitarbeiter des Forstamtes Landau a. d. Isar im Januar 2004 der Unteren Jagdbehörde eine nicht genehmigte Fanganlage im Büchsenholz südlich Aufhausen DGF angezeigt. Ein Spaziergänger entdeckte etwa 2003/2004 einen Habichtskorb unmittelbar neben einem Einödhof südöstlich von Bubach DGF. Am 5.1.2005 wurde der Unteren Jagdbehörde eine nicht gesetzeskonforme Fanganlage mit einer Locktaube nördlich von Mettenhausen DGF angezeigt. Im Dezember 2005 wurde von einer Spaziergängerin in der Nähe von Heimhart DGF ein „fängisch“ aufgestellter Habichtskorb entdeckt. Der Besitzer der Falle, ein Taubenzüchter, gab in einem Gespräch an, keine Genehmigung zu haben und die Habichte lediglich zur „Abschreckung“ zu fangen.

 

Legale Verfolgung beim Habicht

 

Legal „gefangen und getötet“ wurden nach von der Unteren Jagdbehörde am Landratsamt Dingolfing-Landau erteilter Genehmigung im Jagdjahr 1999/2000 2 Habichte, 2000/2001 3 Habichte, 2001/2002 5 Haichte, 2002/2003 und 2003/2004 jeweils 4 Habichte. Dabei wurde als Begründung angegeben, dass die Antragsteller nachgewiesen hätten, dass „Schäden am Hausgeflügel entstanden sind, die ihnen auf Dauer nicht zugemutet werden können“ (Landratsamt Dingolfing-Landau, 31.5.2005, briefl. Mitteilung). Unter Verkennung der Grundsätze des § 27 Bundesjagdgesetz wurde daher angeordnet, die „Hühnerhabichte“ mittels Habichtkorb lebend zu fangen und tierschutzgerecht zu töten. Die Anwendung des § 27 Abs. 1 Bundesjagdgesetz setzt voraus, dass für die von Wildschäden bedrohten Wirtschaftsbereiche eine notstandsähnliche Situation besteht, die Abhilfe durch außerordentliche Maßnahmen im einzelfall verlangt (vgl. Hess VGH, Urt. vom 28.7.1977 JE Bd I SG IX Nr. 10). Individualinteressen allein genügen nicht, um Greifvögel zu töten. Im Jagdjahr 2004/2005 wurden von Landratsamt Dingolfing-Landau keine Genehmigungen erteilt.

 

Aushorstungen

 

In der Regel wird der Habicht im Fokus von Aushorstungen stehen, was u. a. durch die falknerische Verwendung begründet sein mag. In dieser Richtung konnte außer einem Verdachtsfall bis jetzt nichts recherchiert bzw. entdeckt werden. Dagegen hat es eine Gruppe, die sich seit 2003 im Gebiet etabliert hat, deutlich auf den Sperber abgesehen. Am 2.7.2003 wurde erstmals eine männliche Person an einem Sperberhorst angetroffen (der erste von insgesamt vier Kontakten). Im Jahr 2004 wurde südlich von Landau a. d. Isar dgf dann erstmals eine Aushorstung bei Sperbern festgestellt, wobei zur Besteigung eine nahe am Horst stehende Kiefer benutzt wurde. Dringender Aushorstungsverdacht bestand 2004 (ebenso 2005) noch für ein Waldgebiet bei Simbach DGF. 2005 wurden aus drei Horsten im Untersuchungsgebiet Sperbernestlinge entnommen. Dazu ein Fallbeispiel: Bei einem Brutpaar wurde bereits Anfang Mai der Horstbaum direkt bestiegen, was mit der Entnahme des Geleges begründet sein könnte. Als eindeutiges Indiz für ein Nachgelege gilt die Tatsache, dass hier erst am 5. Juli flaumige Jungvögel im Horst waren. Trotzdem wurde vor dem 12. Juli auch noch der Nebenbaum bestiegen und vermutlich alle Jungvögel ausgehorstet, da diese an diesem Tag bereits wieder verschwunden waren.

Für alle, die diesen Artikel nochmal genau lesen und weitere Bilder sehen wollen:

 

In der "Avifaunistik in Bayern", Band 3, Heft 2, erschienen im Dezember 2006, ist eine Veröffentlichung zur Greifvogelverfolgung von Dieter Aichner erschienen. Die "Avifaunistik" kann bei der Ornithologischen Gesellschaft in Bayern unter www.og-bayern.de bestellt werden. Abbildung des Heftes siehe rechts.

Röntgenologische Darstellung der Schrote (Jagdmunition) bei einem beschossenen Sperberweibchen. (Foto: Institut für Geflügelkrankheiten, Oberschleißheim)
Röntgenologische Darstellung der Schrote (Jagdmunition) bei einem beschossenen Sperberweibchen. (Foto: Institut für Geflügelkrankheiten, Oberschleißheim)

Diskussion

 

Am Beispiel einer Greifvogelkontrollfläche im Bereich Landau a. d. Isar wurden illegale Verfolgungen bei Greifvögeln recherchiert und analysiert. Dabei zeigte sich, dass das Ausmaß gesetzeswidriger Aktivitäten gegen Greifvögel in bestimmten Revieren erschreckend sein kann. Es wird sowohl selektiv, z.B. gegen den Habicht, als auch unselektiv (Giftköder) vorgegangen. Wenn man davon ausgeht, dass es sich bei den tatsächlich entdeckten Vergehen nur um die Spitze des Eisberges handelt, kann man über die realen Dimensionen der Eingriffe in die Greifvogelbestände nur spekulieren. So gibt es etwa in Bayern bis dato nur sehr wenige Kontrollflächen (Mammen & Stubbe 2002), um Populationsdynamik und –struktur, Reproduktion, Mortalität, Aktivitätsrhythmik usw. bei Greifvögeln zu erfassen. Unter Einbeziehung von Informationen aus anderen Bundesländern (bei Lippert u. a. 2000) und mehreren europäischen Staaten (bei Hegemann 2004), handelt es sich bei den Greifvogelgegnern nicht mehr nur um Einzeltäter, sondern geradezu um ein Netzwerk mit absehbaren negativen Wirkungen für hochbedrohte Arten wie z.B. Rotmilan, Wiesenweihe und Uhu.

Dem Habicht als Beutegreifer haftet in bestimmten Kreisen noch immer ein sehr negatives Image an. Zumindest in Gebieten mit traditionellen Niederwildrevieren kann nicht ausgeschlossen werden, dass akut gegen ihn vorgegangen wird. (Rust & Mischler 2001). Laut Bezzel u.a. (1997) ist der Anteil konstanter Besetzung durch Mehrfachbrüter, also Reviere, die über Jahre von denselben Weibchen besetzt sind, geringer geworden. Der ständige Wechsel der brütenden Weibchen in einem Horstrevier macht den Effekt der Verfolgung mehr als deutlich (Aichner, in Vorber.). Den Habicht zu dulden, zeugt dabei ebenso sehr vom Wissen um ökologische Zusammenhänge wie seine Verfolgung von interessengeleiteter Borniertheit. Sein ausgleichender Einfluss auf die Beutetiere ist vielfach untersucht und niedergeschrieben (Fischer 1995, Gensbol & Thiede 1997) und bedarf eigentlich keiner Diskussion. Da bayernweit noch immer viele Habichte und sogar Mäusebussarde ganz legal gefangen und getötet werden können, stellt sich zudem die Frage, wie Habicht und Mäusebussard das biologische Gleichgewicht eigentlich stören und wie dies ein Verwaltungsbeamter der Unteren  Jagdbehörde feststellt? Vielleicht sollte einfach einmal darüber nachgedacht werden, ob nicht die oft einseitige, weil jagdlich inspirierte Förderung von Tierarten die eigentliche Störung des biologischen Gleichgewichts darstellt.

Die widerlichen Beispiele mit den Gifteiern und Giftködern zeigen, wie skrupellos manche Zeitgenossen ihre Interessen durchsetzen und dabei auch die Gefährdung von Haustieren in Kauf nehmen. Aufgrund der extremen Toxizität der eingesetzten Mittel besteht sogar eine unmittelbare Gefahr für die Bevölkerung, insbesondere für Kinder, wenn z.B. Gifteier in einer Ortschaft angeschwemmt werden, so geschehen in Reichersdorf DGF, oder auch nur im Wald herumliegen. Der Zeitpunkt der Auslegungen in den Spätwintermonaten, nach Kostrzewa & Speer (2001) in Österreich auch Frühjahrsvergiftungen genannt, korreliert meiner Meinung nach eindeutig mit der Wildhege (z.B. Schutz der sogenannten „Märzhasen“ vor Beutegreifern). Dies kann sich bis in den Sommer hinein fortsetzen.

 

 Obwohl aufgrund der geschilderten Problematik ein dringender Handlungsbedarf bestünde, besteht im Bundesland Bayern anscheinend von Seiten der Behörden nur wenig Interesse an der unangenehmen Materie. Das Thema wird in seiner Brisanz völlig unterschätzt. Dies ist nicht nur sehr bedauerlich, sondern kann so eigentlich nicht akzeptiert werden. Penibel zusammengetragene Vergehen gegen das Jagdgesetz verschwinden schnell irgendwo in den Schubladen der Regionalebene und werden von einer übergreifenden Allianz totgeschwiegen. Das resolute Vermeiden von Öffentlichkeit in der Sache ist mehr als auffällig. Dies kann sogar soweit gehen, dass Personen, die solche Vergehen bei ihren Freilandarbeiten aufdecken, Repressalien ausgesetzt sind. (Dr. Fenske, 9.4.2005, briefl. Mitt., eigene Erfahrungen). U. a. auch von Seiten der Jagdbehörde (Wilhelm Holzer, mündl. Mitt.). Das größte Manko ist jedoch, dass bei Ermittlungen der Polizei und Staatsanwaltschaft die Verfahren in der Regel mangels Beweisen eingestellt werden. Link (1978) weist bereits in seiner Untersuchung ausführlich darauf hin, dass ermittelnde Beamte oft selbst Jäger sind und Greifvogelverfolgung wie ein Kavaliersdelikt behandelt wird.

Da sich auch in anderen Landkreisen die Hinweise auf solche Vergehen mehren (Bund Naturschutz, Kreisverband Altötting, 25.3.2006, briefl. Mitt.; Wilhelm Holzer, 9.3.2006, briefl. Mitt.), müssen Gegenmaßnahmen ins Auge gefasst werden. Vorbild für ein zukünftiges Monitoring könnte die „Initiative zur Eindämmung illegaler Greifvogelverfolgung in Nordrhein-Westfalen“ (NRW) sein, wo sich mit der sogenannten “Düsseldorfer Erklärung“ vom 24.8.2005 das Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Landesjagdverband sowie Naturschutzverbände mit einer Resolution gegen jegliche Greifvogelverfolgung stellt. Es wird darin die Rechtslage im Umgang mit Greifvögeln verdeutlicht, die behördliche Zuständigkeit sowie die Verfahrensabwicklung interpretiert. Deutlich herausgestellt ist, dass illegale Greifvogelverfolgung eine Straftat und keine Ordnungswidrigkeit darstellt und somit in den Aufgabenbereich von Polizei und Staatsanwaltschaft fällt (Hegemann & Knüwer 2005). Koordiniert wird das Ganze von einer neu geschaffenen Instanz, der Stabsstelle für Umweltkriminalität, angesiedelt beim Umweltministerium in NRW. Ebenso vorbildlich ist eine Initiative in Österreich, wo der World Wide Fund for Nature (WWF) eine Gift-Hotline installiert hat und mit einer Broschüre versucht, die Problematik der Öffentlichkeit näherzubringen.

(Im Original folgen Danksagung und Literaturhinweise)