Graureiher im Prachtkleid mit wunderschönen Schmuckfedern (Foto: Joachim Aschenbrenner)

Besonders farbenprächtig zeigt sich im Frühjahr der Graureiherschnabel für wenige Tage und braucht den Vergleich mit bunten Exoten nicht zu scheuen (Foto: Michael Herzig)

Graureiher in Bedrängnis

Dank einer Vielzahl von Schutz- und Schonmaßnahmen konnten sich die Graureiherbestände in Bayern in den letzten Jahrzehnten zunächst erholen, stand er doch bis kurz vor den 60jahren nahe an der Grenze der Ausrottung. In den letzten Jahren konnte jedoch eine eindeutig negative Bestandsentwicklung der Tiere in Bayern festgestellt werden. Bei der aktuellsten Zählung, durchgeführt vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU), im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz, konnten 2008 etwa 2.128 Graureiher-Brutpaare in Bayern verzeichnet werden. Dies entspricht einen Rückgang von 536 Brutpaaren seit 1995. Erfasst werden bei den Zählungen jeweils die Nester der Vögel. Die Nester sind vom Boden aus gut erkennbar und einfach zu zählen.

 

Die Situation des Graureihers in Niederbayern

Dieser bayernweite Rückgang des Graureihers lässt sich auch in Niederbayern beobachten. Beim Vergleich der Bestandsdaten der Graureiherbrutpaare in Niederbayern ab 1995 bis zur letzten Zählung im Jahr 2008, wurde festgestellt, dass der Bestand der Tiere stark rückläufig ist.  1995 konnten 400 Brutpaar in Niederbayern verzeichnet werden. Im Jahre 2001 waren es bereits nur noch 357 Brutpaare und 2008 wurde ein Rückgang auf nur noch 250 Graureiherbrutpaare erfasst. Im Gegenzug zu den relativ genauen Zähldaten der Graureiherbrutpaare, ist die tatsächliche Größe des Durchzugs- und Überwinterungsbestandes der Vögel in Bayern leider nicht bekannt. Man geht aber davon aus, dass es sich dabei um ein Vielfaches der bayerischen Bestände handelt.

Schuld am deutlichen Rückgang der Graureiherpopulation bei uns in Niederbayern sind neben den üblichen, bekannten Ursachen, wie beispielsweise: Umweltverschmutzung, Lebensraumverlust, Verlust von geeigneten Brutstätten, Flächenfraß, Brachlegen von Gewässern, vor allem die Jagd auf die Vögel. Geschossen werden, darf der Graureiher in ganz Bayern, vom 16. September bis zum 31 Oktober.  Und das, obwohl der Graureiher als europäische Vogelart gem. § 7 Abs. 2 Nr. 13 zu den vom Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG) besonders geschützten Arten zählt. In Bayern herrscht eine Ausnahme zur Bejagung des Graureihers, der in den restlichen Teilen Deutschlands aufgrund seines Schutzstatus geschont wird.

 

Auslöser der Ausnahme der Bejagung des Graureihers in Bayern

Neben dem Kormoran wird der Graureiher bei uns in Bayern als fischfressender Wasservogel als Hauptschädling für die Fischereiwirtschaft und auch als ernstzunehmende Konkurrenz bei den Hobby-Anglern und Hobby-Teichwirten gesehen. Laute Stimmen aus diesen Bereichen sorgten in der Vergangenheit für die Ermöglichung der Jagd auf den Graureiher in Bayern . Das Ziel der Jagd auf den Graureiher ist laut Gesetzgeber,  die einheimische Tierwelt zu schützen und wirtschaftlichen Schaden durch die Vögel zu verhindern. Aus diesem Grund dürfen Graureiher im Umkreis von 200 Meter um geschlossene Gewässer während der Jagdsaison  geschossen werden. Abseits dieser Bereiche sind Graureiher nach wie vor geschützt. Um welche finanzielle Dimensionen es sich allerdings tatsächlich durch die vom Graureiher verursachten Schäden in der Fischereiwirtschaft handelt, weiß niemand so genau. Zahlen dazu, gibt es nicht. Weder von den staatlichen Fischerei-Fachberatern, noch vom Landwirtschaftsministerium, das unter anderem für die Fischerei und die Jagd in Bayern zuständig ist. Vermutlich wird der Schaden der Fischwirte durch die Graureiher deutlich höher eingeschätzt, als er tatsächlich ist.

Bereits aufgrund seiner Fangmethoden der Beute scheint es eher unlogisch, warum der Graureiher der Fischwirtschaft finanziell gefährlich werden soll. Der Schreitvogel jagt am Gewässerrand oberflächennah und in der Regel nicht tiefer als 10 cm. In diesem Bereich erbeutet er überwiegend kleine, schlanke Weißfische. Karpfenartige "Edelfische", die sich in der Regel in Grundnähe befinden, sind somit wenig gefährdet, Beute des Graureihers zu werden. Hochrückige Fische wie Karpfen und Karauschen, können von den Vögeln  nur schwer verschluckt werden. Aus diesem Grund werden sie in der Regel verschmäht, wenn das restliche Nahrungsangebot stimmt.

 

Die Abschusszahlen von Graureihern und die Bestandsentwicklung der Tiere in Bayern

In den letzten Jahren konnte ein steter Anstieg der Abschusszahlen an Graureihern bayernweit verzeichnet werden. So wurden beispielsweise in Niederbayern im Jahr 2008 291 Graureiher, im Jahr 2009 356 Tiere und in 2010 307 Graureiher erschossen.  In den Jahren 2008 bis 2010 wurden im Mittel 5.210 Graureiher pro Jahr in ganz Bayern geschossen. Während beispielsweise in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2013 lediglich nur zwei Graureiher geschossen wurden, waren es im gleichen Jahr in Bayern 5599 Stück!

Vergleicht man also noch mehr Zahlen des Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU), kommt man automatisch und eindeutig zu dem Schluß, dass es sich bei der Vielzahl der Tötungen von Graureihern um rastende Tiere in Gewässernähe auf dem Durchzug, etwa von Tschechien, Norddeutschland, Ostdeutschland oder Polen handeln muss, und nicht ausschließlich um ortsansässige, brütende Vögel. Da wir mittlerweile eine Rückgang von 20 % der Graureiher in Bayern zum Jahr 1995 verzeichnen, setzte das Landesamt für Umwelt (LfU) die Art im Jahr 2016 auf die Vorwarnliste der Roten Liste.

 

Der LBV positioniert sich für ein Jagd-Stopp auf Graureiher in Bayern

Aus der Sicht verschiedener LBV-Experten (LBV-Positionspapier Fischerei und Fischartenschutz)   gibt es weiterhin absolut keine Notwendigkeit für die weitere Bejagung von Graureihern in Bayern. Zumal es deutlich schonendere und tierfreundlichere Wege der Vergrämung gäbe, um  Fischteiche vor eventuellen Plünderungen seitens der Graureihern zu schützen. Abhilfe schaffen, könnten beispielsweise simple Stolperdrähte, die die Schreitvögel bei der Jagd massiv stören. Netze zum Überspannen der Teiche helfen speziell bei kleineren Fischteiche, diese dauerhaft verlustfrei zu halten. Das Anbringen von Bewegungsmeldern, Reiherattrappen oder Spiegeln hat sich ebenfalls als kostengünstig und äußerst nützlich erwiesen, unerwünschte Graureiher loszuwerden. Des weiteren gibt es diverse, moderne Technologien, die ebenfalls zu einer schonenden Vergrämung eingesetzt werden könnten. Meist wird dabei durch das Erkennen von Bewegungen ein Wasserstrahl, Geräusche oder Licht ausgelöst.

Ein ausgewachsener Graureiher benötigt entgegen aller feindseligen Gerüchte nur etwa 350 Gramm Nahrung pro Tag. Untersuchungen zeigen, dass die Nahrung in der Regel maximal nur zu einem Drittel aus Fisch besteht. Den breiten und überwiegenden Rest der Nahrung machen Wühlmäuse, Feldmäuse, diverse Insekten, wie beispielsweise Libellen und deren Larven, Amphibien, Reptilien bis hin zu diversen weiteren Kleinsäugern, wie etwa jungen Feldhasen, aus. Graureiher können zudem wichtige Regulatoren für übermäßige Mäusepopulationen sein.  Stimmt das alternative Nahrungsangebot zu Fisch, können Graureiher auch ohne direkte Nähe zu Gewässern leben. Leider geht der Hass auf die Tiere und die einhergehende Unwissenheit über ihr tatsächliches Nahrungsspektrum immer wieder so weit, dass sogar Nester der Graureiher mutwillig zerstört werden.